Wie lassen sich digitale Transformationen erfolgreich gestalten und wie geht ein Unternehmen bei diesem strategisch wichtigen Programm vor? Diesen Fragen gehen Oskar Flach und Markus F. Wanner nach.
Die Digitalisierung als Treiber von massiven zum Teil disruptiven Veränderungen stellt eine enorme Herausforderung für die Unternehmen dar. Die zunächst vielfach angewandte Taktik „abwarten und schauen, was die anderen tun“ ist längst obsolet. Die Unternehmen haben damit ihre unsichere Reise in eine digitalisierte Zukunft begonnen und ihre ersten Erfahrungen gesammelt. Meist wurde dabei rein auf die Technologie und ihre vielfältigen Ausprägungen und Einsatzfelder fokussiert und das Thema in die Verantwortung des IT-Bereiches gegeben.
Nur reicht dies aus, um eine solche nie dagewesene Transformation, die mit viel Unsicherheiten und Ängsten zu kämpfen hat, erfolgreich zu gestalten? Diese Frage kann nur mit einem klaren „Nein“ beantwortet werden. Warum erläutert die folgende Skizze mit Handlungsfeldern, Erfolgsfaktoren und Vorgehen mit praxisbewährten Ideen, die aufzuzeigen, was notwendig und hilfreich ist, um zum einen ein Unternehmen zu digitalisieren und zum anderen die Menschen mitzunehmen.
„Alles was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert.“ (Carly Fiorina, ehem. CEO von Hewlett Packard)
Es ist wichtig, ein gemeinsames Verständnis im Unternehmen dafür aufzubauen, was unter einer digitalen Transformation verstanden wird, worauf der Fokus gelegt wird und was die Vision und die Ziele eines Unternehmens diesbezüglich sind.
Sinnvollerweise wird eine solche Transformation als Programm aufgesetzt (z.B. mit Transformation Team und Transformation Office). Bevor es jedoch um Inhalte, Organisation und Vorgehen des Transformationsprogrammes geht, ist es essentiell, dass das Führungsteam eingeschworen wird und gemeinsam das Warum und Wozu klärt:
Nach der Visions-, Zielklärung (in 1. Iteration) und der Entwicklung einer digitalen Strategie gilt es, das Programm inhaltlich aufzusetzen und dabei im Sinne einer Roadmap zu priorisieren. Der notwendige Veränderungsprozess hat damit für den Start (für die 1. Iteration) einen klaren Fokus. Auch hier ist das gemeinsame Verständnis wichtig: Worauf legen wir den Fokus unserer digitalen Transformation?
Die zwingend notwendige Ausrichtung eines Unternehmens auf die Kundenbedürfnisse / den Kundennutzen („Customer Centricity“) führt zu einem externen Fokus und damit zum Handlungsfeld Produkte und Leistungen. Überschriften hierfür und technologische Herausforderungen dabei sind Internet of Things (IoT) mit Connectivity der Produkte. Der Punkt „Products as a service“ führt zum Handlungsfeld „neue Geschäftsmodelle“.
Bei der internen Ausrichtung wird unterschieden in Industrie 4.0 mit dem Fokus auf Produktion / Logistik und auf die Organisation und die Prozesse des Gesamtunternehmens. Das Thema „Adaptive Organisation“ mit dem Ziel der Business Agility wird in Teil 3 der Trendserie im Tiba Magazin behandelt.
Abb. 1: Digitale Transformation - Handlungsfelder (Eigene Darstellung)
Die Grafik gibt einen Überblick über die Handlungsfelder bei der Digitalen Transformation und visualisiert die Fokussierung zum einen auf die interne Wertschöpfung und zum anderen auf den externen Kundennutzen. Hinzu kommt das interne Handlungsfeld „Kulturwandel & New Work“ welches den Rahmen / das Umfeld für die Transformation gestaltet.
Aus der Erfahrung bei digitalen Transformationen wird folgende Roadmap empfohlen:
Während mit der internen Digitalisierung (s.u.a. Prozessoptimierung) begonnen wird, können parallel die Quick Wins bezüglich Smart Products realisiert werden. Die auf Konferenzen gehypten Smart Services (2.) und Digitalisierung der Geschäftsmodelle (3.) eignen sich hingegen definitiv nicht als erste Schritte. Diese eher disruptiven Veränderungen machen als spätere Iterationen Sinn bei denen man aus den Erfahrungen der zurückliegenden Iterationen lernen kann. Als Lernfeld kommt hier auch eine Auslagerung von einzelnen, neuen Geschäftsmodellen in eine neue Gesellschaft in Frage.
Das beschriebene iterative, agile Vorgehen prägt die Gestaltung einer erfolgreichen digitalen Transformation. Ein reiner Top-Down-Ansatz mit einer von oben heruntergebrochenen Struktur und Planung ohne oder mit einer zu späten Einbeziehung der Mitarbeiter ist aus der Erfahrung der Autoren zum Scheitern verurteilt. Elemente der Transformationsgestaltung sind (s. hierzu auch Teil 1 der Trendserie):
Um das Feuer von zwei Seiten anzuzünden, erfolgt parallel zur Klärung der Fragen Warum und Was eine Standortbestimmung des Unternehmens und aller betroffenen Funktionsbereiche.
Bevor es zu einer Digitalisierung von Prozessen kommt, ist zunächst eine Prozessanalyse und -optimierung sinnvoll und notwendig, denn ein schlechter Prozess wird auch digitalisiert ein schlechter Prozess bleiben.
Bei bisherigen Programmen zur Digitalen Transformation traten dabei häufig folgende Barrieren in den Unternehmen auf:
Sinnvoll ist daher eine ganzheitliche Betrachtung der Transformation mit den Erfolgsfaktoren:
Eine Fokussierung rein auf den Erfolgsfaktor Technologie reicht definitiv nicht aus und ist viel zu kurz gegriffen. Ein Kopieren von Lösungen anderer Unternehmen ist ebenfalls nicht zielführend. Daher sind die digitale Strategie und die Visions- und Zielklärung so entscheidend.
Neben der Realisierung von Quick Wins in Bezug auf Digitalisierung des vorhandenen Produktportfolios ist als erster Schritt die Digitalisierung der internen Wertschöpfung zu empfehlen. Auch hier gilt es zunächst die Voraussetzungen zu schaffen, in diesem Fall die Prozesse zu optimieren.
Agil / iterativ vorzugehen, durch Retrospektiven zu lernen und die Ziele iterativ zu verfeinern, ist auf jeden Fall zielführender als der Versuch einer über mehrere Jahre ausgelegten Top-Down-Planung. Für die Gestaltung einer erfolgreichen Transformation benötigt es die Einbindung der Mitarbeiter von Anfang an. Daher ist ein professionelles Change Management, um mit der personenbezogenen Seite der Veränderung umzugehen, integrierter Bestandteil des Vorgehens. Bei all dem wird deutlich wie wichtig der Erfolgsfaktor Mensch & Kultur ist.
Auf die zentrale Rolle einer geänderten Führungskultur mit der Förderung der Mitarbeiter zu mehr Eigenverantwortung und Selbstorganisation wird in der kommenden Ausgabe des Tiba Magazins eingegangen, wenn das Thema in der Trendserie Teil 3 fortgeführt wird: Agile Transformation gestalten auf dem Weg zur adaptiven Organisation.