Agilität

Stolpersteine auf dem Weg zur Agilität | Teil 3

Foto von umfallenden Dominosteinen, die von einer Hand aufgehalten werden | Agilität

- Tiba Magazin 2019 -

Agiles Projektmanagement hat seine eigenen Regeln. Was aber passiert, wenn diese Prinzipien nicht beachtet werden? In dieser Serie befasst sich unser Experte für Agiles Projektmanagement, Alexander Koschke, mit Stolpersteinen, denen er in Praxis immer wieder begegnet.

Teil 1 (Ausgabe 2018): Destruktion und Demotivation
Teil 2 (Ausgabe 2018): Chaos, Diskussion und Ineffizienz
Teil 3 (Ausgabe 2019): Verzetteln, Ineffektivität und Insolation

Alexander Koschke

Die sieben Prinzipien für erfolgreiches Projektmanagement sind keine Regeln, sie müssen nicht eingehalten werden. Aber was passiert, wenn man sie nicht einhält? Zum Abschluss der mehrteiligen Beitragsserie zu Tipps & Tricks sowie zu Stolpersteinen auf dem Weg zur Agilisierung stellen wir Ihnen drei Hürden und mögliche Auswege vor. Denn auch wenn es am Anfang schwerfällt und vielleicht in der bestehenden Unternehmenskultur utopisch erscheint, lohnt es sich, den Weg zu gehen und die Prinzipien Stück für Stück in den Alltag zu integrieren.

Fehlt das Iterate zu Wow? - Stolperstein Verzetteln

Bei unklaren Anforderungen, wenn der Kunde unsicher ist, was er will oder ob eine Lösung möglicherweise nicht die Richtige für ihn ist, sind regelmäßige Iterationen unbedingt notwendig. Ansonsten verbringt das Team zu viel Zeit mit Dingen, die vielleicht gar nicht gewollt sind bzw. keinen Kundennutzen bringen. Das Team verzettelt sich und es ist schwer zu priorisieren.

Gleichzeitig lernt das Team dann den Kunden nicht besser kennen, bekommt kein direktes Feedback am Ende seiner Arbeit und der Kunde lernt sich selbst und seine Bedürfnisse nicht besser kennen. Das führt im Team zu Demotivation, und auf Kundenseite zu hoher Unsicherheit, da klärende Prototypen und Fragen aus dem Team fehlen. Es ist fast unmöglich, und gleicht eher einem Ratespiel, am Ende die Kundenbedürfnisse zu treffen bzw. einen Wow-Effekt zu erzielen.

Ohne positive Überraschungen und Wow wird der Kunde nicht begeistert sein und sich deshalb auch nicht langfristig gebunden fühlen. „OK“ ist heutzutage nicht genug, dafür gibt es zu viele Angebote. Ein Unternehmen muss dann immer wieder neue Kunden generieren, was aufwendig und teuer ist. Immer wenn ein Kunde gut verstanden wurde, die Zusammenarbeit sich eingerüttelt hat und sich das Invest auszahlen würde, wandert der Kunde zur Konkurrenz ab. Ähnlich wie der Sägezahneffekt im Selbst- und Zeitmanagement kommt hier das Unternehmen nie in eine profitable Situation, sondern fängt immer wieder von vorne an.

Fehlt der Kundennutzen? - Stolperstein Ineffektivität

Ist der Kunde nicht bereit, sich zu öffnen, können seine Bedürfnisse nicht erfüllt werden bzw. ist es ein Ratespiel für das Team, das zu viel Verschwendung führt. Der Hauptvorteil von agilen Methoden, warum sie so viel schneller sind als andere Vorgehensweisen, liegt darin, dass man den Kunden ganz besonders gut kennt bzw. kennen lernt und genau weiß, was er wertschätzt und was für ihn nicht wichtig ist. Dadurch braucht man einen Großteil der Arbeit gar nicht erst zu tun (Outcome maximieren bei minimalem Output) und erhält die größte Wertschöpfung relativ schnell am Anfang.

Wenn ich die Bedürfnisse des Kunden und seine Story, sein „Warum“ nicht kenne, sondern nur seine evtl. schriftlich formulierten Anforderungen, ist es unmöglich den Kunden zu begeistern. Im besten Fall erhält der Kunde genau das, was er wollte – aber auch nicht mehr. Und OK, reicht heute meist nicht aus, um Kunden langfristig zu binden.

Fehlt eine übergreifende Abstimmung? - Stolperstein Isolation

Ohne übergreifende Abstimmung wird das neue Vorgehen, das neue Mindset nicht anschlussfähig sein an die umliegenden Abteilungen und meist für das zu einem Glaubenskrieg in dem Unternehmen. Die positiven Effekte der agilen „Bubble“ werden wieder relativiert durch die Reibung an den Rändern und es führt noch mehr zu einer Spaltung innerhalb des Unternehmens. Die Gefahr, wieder in den alten Arbeitsmodus zurück zu fallen, ist dadurch ungleich größer. Meistens wird die agile „Bubble“ dann isoliert, ausgehungert und letztendlich eliminiert.

Erst wenn über die gesamte Wertschöpfungskette sinnvoll zusammengearbeitet wird, kommen echte Nachhaltigkeit, und der Beweis, dass es wirklich funktioniert. Das heißt nicht, dass überall agil gearbeitet werden muss, aber alle Beteiligten müssen sich dafür aufeinander einstimmen, die Arbeitsweise der vor- und nachgelagerten Prozesse verstehen und effiziente Schnittstellen vereinbaren. Andernfalls ist die Einführung von „agil“, nur eine weitere nette Spielerei für Aktionisten.

In der Praxis passiert es immer wieder, dass Unternehmen versuchen, den schnellen Weg zu gehen. Sie wollen durch die Einführung einer neuen Methode rasch Ergebnisse haben. Das Aufzeigen der Konsequenzen, die passieren, wenn zwar die Methode umgesetzt wurde, aber das Mindset und die Prinzipien dahinter nicht verstanden bzw. berücksichtigt werden, soll die Wichtigkeit einer nachhaltigen, bedachten Einführung von agilem Projektmanagement bewusst machen.