Weshalb funktionieren Projekte trotz eines definierten Projektmanagements nicht? Dieser Frage und der Überlegung, welche Aspekte die Unternehmens- und Projektkultur beeinflussen, geht Sebastian Schurig nach. Projekte scheitern häufig an einem wesentlichen Faktor: Der fehlenden ganzheitlichen Betrachtung der Projekte selbst und der Menschen, die im Projekt arbeiten. Ganzheitlich, weil weder Mensch, noch Organisation oder Prozesse/Methoden sowie Technologien für sich alleine stehen. Vielmehr wirken sie zusammen und müssen deshalb im Gleichgewicht bleiben. Nur so ist eine effiziente und inspirierende Projektarbeit möglich, die zum Erfolg führt.
Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren bei Projekten ist der Mensch. Doch gerade hier scheint in Unternehmen ein gravierender Engpass zu herrschen. Denn in fast jedem Unternehmen höre ich zu Beginn eines Projektes die Klage über fehlende Kapazitäten. Entweder, weil es nicht genügend Mitarbeiter mit ausreichendem Freiraum für das neue Projekt gibt – oder aber, weil diejenigen, die zur Verfügung stehen, nicht die passenden Kompetenzen aufweisen. Beinah automatisch folgt die Forderung, es sollten mehr Mitarbeiter eingestellt werden.
Die Erfahrung zeigt allerdings, dass die Gleichung „Mehr Mitarbeiter = ausreichend Kapazitäten“ nicht aufgeht. Denn mit der steigenden Zahl der Mitarbeiter steigt auch die Begehrlichkeit nach den neu geschaffenen Kapazitäten. Schließlich gedeihen in einer guten Projektkultur gute Ideen, die verfolgt und umgesetzt werden wollen. Dabei gibt es in der Regel mehr gute Ideen als Menschen, die diese umsetzen können.
Hilfreich ist es hier, den Blickwinkel zu ändern und sich die Frage zu stellen, wie viele – und welche – Projekte ich mit den vorhandenen Kapazitäten erfolgreich umsetzen kann. Hier hilft Projektportfoliomanagement (sowohl klassisch als auch agil) weiter, um die optimale Anzahl und Mischung der Projekte für das Unternehmen festzulegen – unter Berücksichtigung der tatsächlich vorhandenen Kapazitäten bei Mitarbeitern und finanziellen Ressourcen, die nun optimal genutzt werden können.
Die Erfahrung zeigt, dass als Ergebnis insgesamt weniger Projekte angegangen werden und die Projekte die durchgeführt werden, schneller und erfolgreicher zum Ziel kommen.
Niemand von uns macht gerne Fehler – schon gar nicht, wenn sie das Unternehmen teuer zu stehen kommen können. Selbst in einem guten Team, in dem sich alle gegenseitig unterstützen, möchte deshalb keiner vorne stehen und offen zugeben, sich verrannt zu haben. Dabei ist es in agilen Projekten gar nicht anders möglich, als ab und an einen Ansatz zu verfolgen, der sich dann als Irrweg herausstellt. Und obwohl wir das wissen, gibt niemand von uns gerne zu, wenn er sich geirrt hat oder schlicht einen Fehler gemacht hat. Warum?
Ein wesentlicher Grund ist die Begrifflichkeit: Fehler sind in unserer Gesellschaft negativ belegt. Auch eine positive Fehlerkultur vermittelt unterschwellig, dass in einem Unternehmen oder einem Team einiges schiefläuft. Wer möchte das wirklich? Und wer mag sich zudem damit schmücken?
Dabei sind Fehler wichtig, denn vor allem durch sie lernen wir. Wenn wir uns weiter entwickeln möchten, müssen wir uns also auch erlauben, uns zu irren. Nur dann können wir auf Dauer erfolgreich sein. Und genau deshalb sollte die Fehlerkultur anders betrachtet – und anders benannt – werden. Denn in Wahrheit geht es nicht, um eine Fehlerkultur, sondern um eine offene Lernkultur.
Wenn wir das Mindset der Mitarbeiter dahin weiterentwickeln, dass sie nicht vor allen Fehler zugeben sollen, sondern anderen an ihrer Erfahrung und dem daraus erworbenen Wissen teilhaben lassen, können alle von Fehlentscheidungen profitieren. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass …“ kommt nicht nur einfacher über die Lippen – es vermittelt auch, dass andere davon lernen bzw. profitieren können. Beispielsweise das Projektmanagement, das gegensteuern kann. Oder das Team, das einen Fehler nicht wiederholt, sondern nun weiß, worauf es zu achten gilt. Das auf Basis dieser Erfahrung nun gemeinsam an einem Ziel arbeitet, ohne dass jemand sein Gesicht verliert – weil er stattdessen am Kompetenzaufbau aller mitwirkt. Was daraus entsteht, ist eine kontinuierliche Lernkurve als wesentlicher Faktor nicht zuletzt auch für den Unternehmenserfolg.
Lebendige Lernkultur, ein durchdachtes Projektportfoliomanagement und der zielgerichtet individuelle Kompetenzaufbau bei den Mitarbeitern werden vor dem Hintergrund der zunehmenden Komplexität und den steigenden Anforderungen an Projekte und Projektmitarbeiter immer wichtiger. In dem kommenden Beitrag gehe ich deshalb darauf ein, wie Sie sich diesen Anforderungen in der Praxis erfolgreich stellen und welche Tools und Methoden Sie dazu nutzen können.