Transformationskampagne

Eine Unternehmensberatung im Wandel: Erfahrungen und Lessons Learned zur Halbzeit der Tiba Transformationskampagne

Foto durch eine Scheibe in einen Meetingraum | Transformationskampagne & Kommunikation im Projektmanagement

- Tiba Magazin 2021 -

Seit über 30 Jahren dreht sich das Tiba Universum nun bereits. Einige hundert Grad hat die Tiba Unternehmensgruppe dabei schon zurückgelegt: Sie hat neue Produkte entwickelt, und sieben Tochtergesellschaften gegründet. Doch aktuell befindet sie sich in einem „radikalen“ Wandel – von einer Projekt-, Prozess- und Change Management Beratung hin zu einem Beratungsdienstleister für Transformationsthemen. Wie es dazu kam, welche Erfahrungen die Beteiligten bis jetzt gesammelt haben und was noch alles ansteht, darüber sprechen Till Balser, Birgit Weber, Maren Fockens und Kirsten Lamprechter.

Kirsten Lamprechter

Birgit Weber

Till H. Balser

Maren Fockens

Lieber Till, warum gewinnt das Thema Transformation für Unternehmen unserer Zeit immer mehr an Bedeutung? Als passionierter Volkswirt hast Du hierzu mit Sicherheit eine Vorstellung.

Till: In jedem Falle, ja. Was mir hier als erstes in den Sinn kommt, ist der historische Gesamtkontext. Lapidar ausgedrückt hat der Taylorismus der Vergangenheit nach 100 Jahren seiner Existenz einfach ausgedient. Das arbeitsteilig, hierarchisch und vertikal organisierte Geschäftsmodell funktioniert für viele Unternehmen nicht mehr, es ist nicht mehr effektiv. Wir müssen neu denken und die Unternehmensorganisation konsequent entlang der Wertschöpfungskette ausrichten, unterstützt durch die Möglichkeit einer schnellen und flexiblen Allokation der im Unternehmensnetzwerk vorhandenen Ressourcen auf die aktuellen Dringlichkeiten. Das Prinzip des „Gehorsams“, das Leben in einer fest zementierten Stellenbeschreibung, wird einer Welt weichen, in der Eigenverantwortung, Freiwilligkeit und Supportive Management die Grundlagen der Führung bilden und sich alle Aktivitäten konsequent an einem einzigen Ziel ausrichten: Mehrung des Kundennutzens.

Digitalisierung, der Drang zu Agilisierung, der veränderte Wertekanon in einer reifen westlichen Gesellschaft, deren Mitglieder sich an der Spitze der Bedürfnispyramide befinden, die veränderte Anspruchshaltung der Generation X/Y/Z, das zunehmende Bedürfnis nach nachhaltiger Güter- und Dienstleistungsproduktion – all das sind nicht die Ursachen, aber wertvolle Katalysatoren dieser grundlegenden Veränderung, die letztendlich in eine umfassende Transformation unserer Wirtschafts- und Gesellschaftsstruktur münden wird.

Und nicht zuletzt sind es auch Krisen wie die Corona-Pandemie, die Unternehmen und die Gesellschaft zu deutlich schnellerem Handeln und damit zu anderen (flexibleren) Organisations- und Führungsformen zwingen werden.

Meine Prognose: Wir werden uns in 20 Jahren nicht wiedererkennen. Und wenn doch, dann haben wir verloren.

Als Du die Transformationskampagne der Tiba ins Leben gerufen hast, hattest Du dabei einen dieser Punkte im Kopf oder warum hast Du diesen Schritt gewagt, Till?

Till: Genau, auch wir als Tiba Unternehmensgruppe – mit einem Mutterunternehmen und sieben Tochtergesellschaften – transformieren uns, um unseren Kunden weiterhin nachhaltig wertschöpfend zur Seite zu stehen. Bereits seit vielen Jahren haben uns immer wieder Kundenanfragen zu transformatorischen Projekten erreicht, die wir auch begleitet haben. Deshalb gab es schon früh Überlegungen und Ideen zur strategischen „Neuausrichtung“ von Tiba. Aber gerade im letzten Jahr war die Zeit reif für den nächsten Schritt. Die Veränderung von einer Projekt-, Prozess- und Change Management (CM) Beratung hin zu einer Transformation Company war im Grunde eine logische Schlussfolgerung und eine Reaktion auf die Nachfrage am Markt.

Unsere Leistungen waren stets ganzheitlich gedacht. Daher ging es nun zuallererst und primär um einen Imagewandel, also um eine Veränderung im Außenauftritt wie beispielsweise auf der Website oder in sonstigen Kommunikationsmedien. Und da unser Marketing schon viele Kampagnen sowie Projekte mit Erfolg begleitet und umgesetzt hat, habe ich diesen Unternehmenswandel als Kampagne aufgesetzt und unsere Marketingleitung Birgit Weber angesprochen, ob sie hierfür in den Lead gehen würde.

Liebe Birgit, magst Du uns hierzu ein paar Einblicke gewähren?

Birgit: Sehr gerne. Da stand ich nun – um ein Projekt reicher (lacht). Also unterteilte ich das Projekt erst einmal in vier Teilprojekte (Image, Produkte, Vertrieb und Change-/Coaching-Begleitung) und schnürte in Abstimmung mit den Verantwortlichen der jeweiligen Bereiche die notwendigen Arbeitspakete inklusive der Meilensteine – terminiert auf vier Quartale.

Was dieser Wandel im Laufe der Zeit noch alles mit sich bringen würde, war anfangs weder der Geschäftsführung noch mir oder den sonstigen Beteiligten klar. Das wird den meisten so gehen, die vor einer Transformation stehen, glaube ich (lacht).

Einer der ersten strategischen Schritte waren die Definition einer neuen Vision und neuer Mission Statements sowie die Erarbeitung zukünftiger Unternehmensziele. Außerdem haben wir sofort eine Change-Begleitung innerhalb des Projekts initiiert. Denn wir wissen aus Erfahrung, dass ein solches Projekt keine leichte Führungsaufgabe ist, da es einen Mindset Change mit sich bringt. Wir kennen die Vorzüge und die Relevanz von CM und Coaching aus eigenen und einer Vielzahl von Kundenprojekten. Transformationen sind in der Regel NUR mit der Akzeptanz der Mitarbeitenden erfolgreich.

Wir gingen also gleich zu Beginn der Kampagne auf unsere Leiterin des Kompetenzcenters CM, Maren Fockens, und unsere Tiba Coaching Managerin, Kirsten Lamprechter, zu und fragten, ob sie bereit wären, das Projekt zu begleiten und ihre Expertise mit einzubringen. Zu unserem Glück haben die beiden zugesagt. Primäres Ziel war es, alle Mitarbeitenden mit ins Boot zu holen. Und ich bin sehr froh, dass das gelungen ist: Das Projekt ist für uns alle – als treue und sehr verbundene Tibaner:innen – eine Herzensangelegenheit geworden.

Dem kann ich nur zustimmen (lacht). Liebe Maren, was sind Deine Erfahrungen in vergleichbaren Projekten beim Kunden? Warum sollte man hier unbedingt CM Maßnahmen mit einplanen? Und was ist der konkrete Nutzen in diesem Fall gewesen?

Maren: Die Bedeutung des Themas CM ist für das Gelingen einer Transformation häufig nicht klar oder gerät im Projektverlauf aus dem Blickfeld. Außerdem herrscht oft die Meinung, dass CM vom Projektleiter „mitgemacht“ wird. Dass hierfür sowohl Kapazität als auch ein entsprechendes fachliches Know-how notwendig ist, wird durch ein Teilprojekt CM deutlich.

Deshalb haben wir in diesem Teilprojekt einen kontinuierlichen Prozess aufgesetzt, der im Wesentlichen die permanente Ansprechbarkeit der Change-Managerinnen beinhaltet. Aber es wurde auch ein Beratergremium mit Multiplikatoren aus den verschiedenen Unternehmensbereichen aufgesetzt, damit die Besonderheiten der einzelnen Bereiche aufgegriffen und berücksichtigt werden können.

Ansonsten gibt es einen bunten Strauß an Maßnahmen – z.B. Dialogformate (schriftlich und persönlich), Workshops (virtuell sowie in Präsenz auf den internen Tiba-Tagen), Videobotschaften der Geschäftsführung und vieles mehr.

Dadurch haben wir die Transparenz bei den Mitarbeitenden geschaffen, WARUM die Tiba den Weg zur „Transformation Company“ geht und wie dieser Weg ganz konkret aussieht. Für jeden Einzelnen ist damit klar geworden, was es für sie/ihn bedeutet, aber auch welcher Mehrwert sich daraus ergibt (z.B. neue spannende Aufgabenfelder).

Die Bedeutung von CM ist nicht zu unterschätzen. Aber ich bin mir sicher, dass auch die Disziplin PM eine zentrale Rolle in solchen Projekten spielt. Birgit, wie bist Du hier vorgegangen? Und was waren die größten Herausforderungen?

Birgit: Wir durchlaufen innerhalb der Tiba alle eine Grundausbildung, hierzu gehört die TÜV-Zertifizierung zum Projektmanager, die unsere Tochtergesellschaft, die Tiba Business School, anbietet. Alle Mitarbeitenden der Tiba sind zertifiziert, so natürlich auch der Innendienst. Und ich muss sagen, diese Ausbildung hilft uns seit vielen Jahren in unseren eigenen Projekten. So haben wir uns auch bei diesem Projekt der klassischen Projektmanagementmethoden bedient.

In der Regel konkurrieren Projektideen mit anderen Projektideen – in Bezug auf Ressourcen und Budget. Hierfür wird klassischerweise Projektmarketing für den „Verkauf“ der Projektidee beim Auftraggeber und bei weiteren Stakeholdern eingesetzt. In diesem Fall mussten wir das nicht tun, weil es eine strategische Entscheidung „von oben“ war. Deshalb haben wir diesen Schritt übersprungen und uns gleich an den Projektantrag mit Projektstrukturplan, den vorhin erwähnten Arbeitspaketen sowie der Zeit- und Budgetplanung gemacht.

In der Zeitplanung sind wir quartalsweise vorgegangen und haben Ziele definiert, die wir bis zu den Enden der jeweiligen Quartale erreicht haben wollen. Die Arbeitspakete haben wir sauber “abgearbeitet”, und teilweise gab es agile Sprints, vor allem in der Produktentwicklung. Verantwortlicher ist hier unser lieber und langjähriger Kollege und Leiter des Kompetenzcenters Transformationsberatung, Sebastian Schurig. Das Projektteam und die Produktentwicklung haben sich wöchentlich zur Angleichung der Themen und zur Harmonisierung des Projekts getroffen.

Was in diesem Projekt besonders war, war die Projektorganisation. Denn auf einmal waren die Geschäftsführer nicht nur Auftraggeber, sondern auch Teilprojektleiter “unter” der Projektleitung. Denn sie waren als operative Leiter der verschiedenen Unternehmensbereiche gleichzeitig Verantwortliche der Teilprojekte und Führungskräfte der betroffenen Mitarbeitenden. Dazu dann aber später mehr.

In der internen Projekt- und Change-Kommunikation haben wir klassische Hilfsmittel des Projektmarketings sowie der Projekt- und Change-Kommunikation verwendet. Wir mussten unsere Kommunikation in Wort und Bild auf alle Stakeholder ausrichten. Dabei hat uns beispielsweise SharePoint einen guten Dienst erwiesen, welches wir unter anderem als Intranet-Plattform nutzen. Via Teams haben wir in Form von Chat- und Video-Kommunikation gruppenweit informiert. Auch Outlook war noch immer ein wichtiger Kanal.

Ganz zu Beginn war aus meiner persönlichen Sicht auch das Vier-Augen-Gespräch wichtig. Diese Zeit habe ich mir als Projektleiterin genommen, um Ängste, Befürchtungen und Sichtweisen aus den einzelnen Bereichen aufzunehmen, in Form eines Stimmungsbilds zusammenzufassen und das Ergebnis gleich zu Beginn mit unseren Change- und Coaching-Expertinnen sowie den Auftraggebern zu reflektieren. Das hat uns in der Ausrichtung des Projekts sehr geholfen.

Kirsten, wie habt ihr es geschafft, diese Ängste zu überwinden? Also was waren die Maßnahmen, die aus den Erkenntnissen der Stimmungsbilder herausgepurzelt sind? Und was sind Deine eigenen Erfahrungen als Betroffene des Wandels?

Kirsten: Am Anfang haben wir persönliche Interviews mit Kolleg:innen aus allen Unternehmensbereichen durchgeführt. Dabei konnte ich jede Menge Unsicherheit beobachten. Die Ängste habe ich also deutlich gespürt.

In einem Kick-Off-Workshop haben wir dann gemeinsam mit dem Beratergremium, den Maren vorhin bereits angesprochen hat, einen Maßnahmenplan aufgestellt. Um die Wirksamkeit dieser Aktivitäten zu erkennen, gab es regelmäßige Stimmungsabfragen. Daraufhin wurden die Maßnahmen angepasst. Aber nicht nur darüber, sondern auch über zahlreiche Einzelgespräche mit den Change-Managerinnen und den Multiplikatoren haben wir jederzeit ein Gefühl, wie die Stimmung im Unternehmen ist.

Ganz häufig entstehen im Laufe eines Projekts Konflikte. Auch bei uns im Projektteam – sowie außerhalb – waren diese präsent. Hier ist es wichtig, die Sichtweisen der anderen zu verstehen und dadurch zu einer besseren Zusammenarbeit zu kommen. Dabei konnte sowohl Einzel-Coaching als auch die Moderation von Workshops unterstützen.

Durch all diese Maßnahmen wurde das Thema Change- und Coaching Begleitung für jeden Mitarbeiter der Tiba erlebbar und die Bedeutung für den Erfolg des Changes bewusst.

Das ist eine echte Herausforderung! Birgit, quasi zur „Halbzeit“ des Projekts: Wie ist denn der aktuelle Stand und wie sehen eure nächsten Schritte aus?

Birgit: Kirsten hat gerade das Einzel-Coaching angesprochen. Das war ein bedeutsamer Part im Projekt. Denn wie ich bereits kurz erwähnt habe, mussten wir eine Doppelrollen-Situation bewältigen. Die beiden Geschäftsführer hatten zusätzlich zu ihrer Auftraggeber-Rolle freiwillig eine Teilprojektleiter-Rolle im Projekt übernommen. Dass dies zu Konflikten führen könnte, war uns von Anfang an klar. Vor kurzem haben wir uns hierzu in einen Coachingprozess begeben. Was dieser letzten Endes zu Tage führen würde, wussten wir natürlich nicht. Aber wir waren in jedem Falle bereit, den Weg gemeinsam zu gehen.

Und ja, es hat sich gelohnt. Nach dem Coaching haben wir ein Project Refresh gemacht. Mithilfe der wesentlichen Erkenntnisse haben wir das Projekt nach einem halben Jahr neu aufgesetzt. Fragen, die während des Prozesses entstanden sind, haben wir mit aufgegriffen und als neue Arbeitspakete definiert. Aus meiner Sicht war das sehr wichtig, denn es hat uns geholfen, noch nicht betrachtete Themen und vorher unbekannte Probleme mit aufzunehmen und strukturiert abzuarbeiten.

Wir sind auf einem sehr guten Weg – sowohl auf den internen als auch auf den externen Wandel bezogen. Letzteres entnehme ich zumindest unseren Marketing-Zahlen und KPIs.

Ich bin zuversichtlich, dass wir am Ende des Jahres all die gesetzten Projektziele erreichen. Aber es gibt noch einiges zu tun: Produktschärfung, Launch der neuen Website, Ausbau der Partnernetzwerke, Ausrichtung der Vertriebsstrategie, Personalschulungen, Ausrollen der Kampagne auf die gesamte Unternehmensgruppe etc.

Drei Komponenten sind uns bei all diesen Dingen enorm wichtig: unsere 30 Jahre alten Wurzeln im Projektmanagement nicht zu verlieren, alle Mitarbeitenden mitzunehmen und aktiv teilhaben zu lassen sowie einen deutlichen Mehrwert für unsere Kunden zu schaffen. Denn ich bin davon überzeugt, dass solch eine strategische Neuausrichtung nur dann Erfolg haben wird, wenn die Interessen eines Unternehmens inklusive der Mitarbeitenden zu den Bedürfnissen und den Interessen der Kunden passen.

Maren, apropos Kunden, Du bist ja auch Beraterin und beim Kunden aktiv im Auftrag. Welchen Mehrwert haben wir aus Deiner Sicht für unsere Kunden geschaffen?

Maren: Durch die Change-Begleitung ist es uns gelungen, die Begeisterung der Tibaner:innen für das Thema Transformation zu wecken.

Jeder Einzelne ist sich seiner Rolle im Rahmen dieser Transformation klar geworden und hat die dafür notwendigen Kompetenzen aufgebaut bzw. ist dabei, sie aufzubauen, um sie dann auch beim Kunden erfolgreich zum Einsatz zu bringen.

Damit haben wir alle einen großen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit der Tiba geleistet – ganz im Sinne unseres neuen Claims „Passion for Transformation“ (lacht).