In einer zunehmend digitalen Welt sind Daten zum unverzichtbaren Rückgrat moderner Unternehmen geworden. Sie bieten die Grundlage für fundierte Entscheidungen und treiben die Effizienz in allen Geschäftsbereichen voran. Doch Daten allein sind nicht genug. Es bedarf der richtigen Werkzeuge und Methoden, um diese Daten effektiv zu sammeln, zu verwalten und zu analysieren. Hier kommen Datenanalyse-Tools ins Spiel, die Unternehmen helfen, den digitalen Wandel erfolgreich zu meistern.
In diesem Interview sprechen wir mit Marcus Machon, Experte für Microsoft 365 und Citizen Development. Marcus erklärt uns die entscheidende Rolle von Daten und welche Herausforderungen Unternehmen typischerweise bei der Datensammlung und -verwaltung begegnen. Er gibt Einblicke in die praktische Nutzung von Excel und Power BI sowie den Einfluss von künstlicher Intelligenz auf die Datenanalyse und -verarbeitung.
Ein paar Zahlen und Daten vorab:
Marcus, welche Rolle spielen Daten in der modernen Unternehmenslandschaft?
Marcus: Subjektiv hat die Bedeutung von Daten immer weiter zugenommen, was allerdings keine große Überraschung ist. Unter anderem deswegen werden wir als Citizen Development Team zu Kunden gerufen. Im ersten Schritt geht es vielleicht erst einmal um die Datenerfassung, Datenbereinigung und Automatisierungen. Auf Basis dieser verarbeiteten Daten werden dann sehr wichtige und gravierende Geschäftsentscheidungen getroffen. Sind die Daten fehlerhaft, kann das falschen Entscheidungen und möglicherweise Schäden in Millionenhöhe führen. Dank Tools wie Power BI können wir aber immer bessere Analysen durchführen und beispielsweise Abweichungen zum Vorjahr oder Vormonat, gewisse Trends sowie Korrelationen erkennen. Daten sind somit das Rückgrat moderner Unternehmen, weil sie uns ermöglichen, Entscheidungen basierend auf Fakten und nicht auf Vermutungen zu treffen.
Als Citizen Developer sehe ich täglich, wie Daten uns helfen, Prozesse zu optimieren, Kundenbedürfnisse besser zu verstehen und letztlich kosteneffizienter zu arbeiten. Das ist keine neue Erkenntnis, aber die Reise zu einem datengetriebenen Unternehmen ist äußerst langwierig und anstrengend: Mit ein paar Power BI-Lizenzen und Trainings ist es definitiv nicht getan! Alle Beteiligten – vom Mitarbeitenden, der Daten eingibt, bis zur Geschäftsführung, die tatsächlich kluge Maßnahmen aus Reportings ableitet – müssen über Jahre wie ein Zahnrad eng zusammenarbeiten. Ansonsten habe ich schon oft erlebt, dass „hübsche“ Power BI Reports ganz schnell wieder einschlafen.
Welche Herausforderungen begegnen Unternehmen typischerweise bei der Datensammlung und -verwaltung?
Marcus: Als „Citizen Developer“ ist der schwierigste Part meist herauszufinden, welche Rohdaten man braucht und woher man diese bekommt. Das ist viel schwieriger als gedacht und erfordert teilweise viele, viele Meetings. In vielen Unternehmen gibt es zwar einige alte IT-Systeme mit relevanten Daten, doch dort sind teilweise nicht alle notwendigen Informationen vorhanden. Oder die Daten sind nicht immer aktuell, weil Abteilungen diese nur sehr unregelmäßig aktualisieren. Außerdem fehlen teils Schnittstellen, um die Daten automatisiert in den Microsoft 365 Apps wie Power BI, Excel oder Power Automate abzugreifen. Oft ist es auch viel zu aufwendig, eine Schnittstelle hierfür einzurichten.
Abb. 1: Typische (Daten)Prozesse (eigene Darstellung)
Damit landet man früher oder später leider doch wieder bei händisch gepflegten Excel-Listen. Oft muss eine Kombination aus einem regelmäßigen manuellen Excel- oder CSV-Export und einer Bereinigung der Daten in der händisch gepflegten Excel-Datei vorgenommen werden. Dieser Prozess muss erst einmal besprochen und verankert werden, sodass dies auch regelmäßig ohne Fehler funktionieren kann. Die restlichen Schritte wie die Visualisierung oder Versendung aller finalen Daten sind meist deutlich einfacher und schneller.
Excel wird von vielen als veraltetes Daten-Tool wahrgenommen, ist aber ein zentrales Werkzeug für viele Citizen Developers. Wie siehst du die Rolle von Excel, auch in deiner täglichen Arbeit?
Marcus: Excel ist für mich nach wie vor ein unverzichtbares Werkzeug, vor allem wegen seiner Flexibilität und weiten Verbreitung. Es hat daher einen festen Platz in meiner täglichen Arbeit. Wie bereits zuvor erwähnt ist der Hauptgrund, dass ich oft Daten aus Vorprozessen oder anderen Abteilungen in Form von Excel-Dateien erhalte. Diese Daten manuell zu verarbeiten, kann zeitaufwendig und fehleranfällig sein, selbst wenn ich Power Query nutze. Power Query ist ein seit 2013 in Excel integriertes Add-In, das das automatisierte Einlesen und Verarbeiten verschiedenster Datenquellen ermöglicht. Ich kann jedem, der regelmäßig Excel-Daten verarbeitet, nur empfehlen, sich mit Power Query auseinanderzusetzen. Viele Kollegen haben mir gesagt: „Danke, dass du mir das gezeigt hast! Ich wünschte, ich hätte das schon vor Jahren gewusst!“
Trotz der Herausforderungen glaube ich, dass Excel auch in den nächsten Jahren weiterhin eine wichtige Rolle in Unternehmen spielen wird. Das gilt selbst dann, wenn Daten zunehmend über Application Programming Interfaces (APIs), Schnittstellen zu IT-Systemen oder auch Microsoft Lists abgegriffen werden können.
Microsoft Lists bietet schon in vielen Bereichen eine bessere Alternative zu Excel, da es eine nahtlosere Integration und bessere Zusammenarbeit ermöglicht. In Summe ist Excel aber noch unschlagbar für schnelle Analysen und Prototypen. Es ermöglicht, direkt Ergebnisse zu sehen und anzupassen. Auch wenn ich hoffe, dass sich die Nutzung von Schnittstellen und automatisierten Prozessen in Zukunft weiter durchsetzt, wird Excel weiterhin ein zentrales Werkzeug in meiner Arbeit und der Arbeit vieler bleiben.
Abb. 2: Gegenüberstellung Excel vs Microsoft Lists (eigene Darstellung)
Welche Maßnahmen oder Ressourcen würden dir – und anderen – helfen, deine Fähigkeiten im Umgang mit Daten weiter zu verbessern?
Marcus: Um Fähigkeiten im Umgang mit Daten zu verbessern, gibt es einige entscheidende Maßnahmen und Ressourcen, die notwendig wären. Wie bereits erwähnt fehlen in vielen Unternehmen „saubere“ und aktuelle Rohdaten. Dies hat meiner Meinung nach mehrere Gründe:
Auf die jeweiligen Rollen zugeschnittene Schulungen und Ressourcen, die diese Fähigkeiten vermitteln, sind daher sehr wichtig. Für Mitarbeitende in datenintensiven Bereichen wie HR, Marketing, Vertrieb, Finance und Controlling sind Weiterbildungsprogramme, die sich auf fortgeschrittene Datenanalysetechniken und -Tools konzentrieren, unerlässlich. Das bedeutet nicht, dass alle Mitarbeitenden eigenständig Power BI Reports aufbauen können müssen. Doch in einem Team sollte mindestens eine Person sich etwas besser mit der Datenverarbeitung auskennen und als erster Ansprechpartner fungieren. Zusätzlich sollten alle Mitarbeitenden regelmäßig zur Bedeutung von Daten sensibilisiert werden und insbesondere Führungskräfte sollten dieses Thema ernst nehmen und von den Mitarbeitenden auch einfordern.
Weitere wichtige Punkte sind das Netzwerken und die Zusammenarbeit mit anderen Datenexperten. Der Austausch innerhalb und außerhalb des Unternehmens kann wertvolle Einblicke und neue Perspektiven bieten. Fachgruppen und Communities sind großartige Plattformen, um Wissen und Erfahrungen zu teilen. Mentoring und Coaching durch erfahrene Fachleute können ebenfalls enorm hilfreich sein. Regelmäßiges Feedback und Unterstützung durch Mentoren fördern den individuellen Lernprozess und helfen dabei, Fähigkeiten gezielt weiterzuentwickeln.
Schließlich ist die praktische Anwendung des Gelernten entscheidend. Gelegenheiten, das Wissen in realen Projekten anzuwenden, sind unverzichtbar, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Eigene Datenprojekte zu entwickeln und durchzuführen, vertieft das Verständnis und stärkt die Fähigkeiten im Umgang mit Daten. Diese Maßnahmen und Ressourcen würden nicht nur mir, sondern auch anderen dabei helfen, unsere Fähigkeiten im Umgang mit Daten kontinuierlich zu verbessern.
Ist künstliche Intelligenz aktuell für euch schon ein Thema, auch mit Blick auf Datenanalyse und Datenverarbeitung?
Marcus: Vorweg: Ich bin kein echter KI-Experte sondern nur begeisterter KI-Anwender und KI-Enthusiast, der fast täglich alle Nachrichten zu KI liest. Aber Nein, aktuell ist KI noch kein großes Thema in Bezug auf unsere Datenanalysen und -verarbeitung in unserem Arbeitsalltag. Natürlich sind die Erwartungen an KI riesig und ich bemerke eine gewisse Enttäuschung, dass KI nicht alles magisch von allein lösen kann. Aber wir nutzen KI in bestimmten Bereichen und sie ist definitiv ein unterstützendes Tool in unserem Arbeitsalltag.
Zum Beispiel nutze ich fast täglich KI, um Lösungen und Code mit Hilfe von ChatGPT zu erarbeiten, die ich dann in Power BI oder anderen Anwendungen übernehmen kann. Ein weiteres Beispiel ist die strukturierte Sammlung von Kundenfeedback nach Projektende. Hier kann Power BI eine Stimmungs-Analyse der Freitexte durchführen und bewerten, ob die Rückmeldungen eher positiv, neutral oder negativ sind. Das ist hilfreich, um schnell einen Überblick über die Kundenstimmung zu bekommen. Auch der Microsoft Copilot unterstützt uns schon jetzt bei der Erstellung einfacher Workflows. Zudem arbeite ich mit dem Microsoft Sales Copilot. Hier kann ein KI-Assistent auf Daten im CRM-System zugreifen und basierend auf den Kundeninformationen passende Produkte vorschlagen. Leider sind auch in CRM-Systemen die Daten oft nicht gepflegt, sodass der Copilot nur eingeschränkt von Nutzen ist. Das zeigt deutlich, dass Unternehmen umdenken und die Bedeutung von Daten erkennen müssen.
Es ist klar, dass KI ein enormes Potenzial hat und wir erwarten, dass sie in naher Zukunft eine größere Rolle in der Datenanalyse und -verarbeitung spielen wird. Bis dahin nutzen wir die vorhandenen Tools und bleiben offen für neue Technologien, die unsere Arbeit weiter verbessern können.
Stichwort Zukunft: Wie siehst du die Zukunft der Datenanalyse und des Einsatzes von KI im Unternehmenskontext?
Marcus: Wie bereits erwähnt, wird KI in den kommenden Jahren definitiv einen großen Einfluss auf die Datenanalyse haben und diese revolutionieren. Ich habe beispielsweise eine Demo von Microsoft gesehen, in der ein Endnutzer nur mit Hilfe von Prompts einen kompletten Power BI Report generieren konnte. KI wird auch dabei helfen, Muster und Trends zu erkennen, die für Menschen schwer zu entdecken sind, und sie wird prädiktive Analysen ermöglichen, die fundierte Entscheidungen unterstützen.
Aber dieser Fortschritt wird nur möglich sein, wenn die Grundlage stimmt: saubere, aktuelle, sollständige und gut strukturierte Daten. Viele Menschen erwarten, dass KI alle Probleme wie durch Magie lösen wird – das wird definitiv nicht der Fall sein. Damit KI vernünftig arbeiten kann, braucht sie gut strukturierte und vollständige Daten. Genau hier haben viele Unternehmen noch erheblichen Nachholbedarf.
Solange die Daten nicht aktuell und gut strukturiert vorliegen, kann man von künstlicher Intelligenz keinen echten Mehrwert erwarten. Deshalb empfehle ich jedem Unternehmen, sich jetzt intensiv mit den Themen IT-Architektur, Datenmodellierung, Data Literacy, Schnittstellen sowie der Aktualität und Vollständigkeit der Daten zu befassen. Unternehmen, die jetzt in diese Bereiche investieren und ihre Dateninfrastruktur verbessern, werden in der Lage sein, die kommende KI-Disruption erfolgreich zu meistern, von den Vorteilen der KI zu profitieren und sich Wettbewerbsvorteile zu sichern. Es geht also nicht nur darum, KI-Tools zu implementieren, sondern auch darum, die gesamte Datenstrategie des Unternehmens zu optimieren. Nur so können wir sicherstellen, dass wir bereit sind für die Zukunft der Datenanalyse.
Vielen Dank für diese spannenden Einblicke!
McKinsey & Company (2022). The Data-Driven Enterprise of 2025. https://www.mckinsey.com/capabilities/quantumblack/our-insights/the-data-driven-enterprise-of-2025 [abgerufen am 30.07.2024].
Wavestone (2023). Design 2023 Data & Analytics Survey Report. https://wwa.wavestone.com/app/uploads/2023/10/Design-2023-Data-Analytics-Survey-Report.pdf [abgerufen am 30.07.2024].