New Work Leadership Excellence

Vom guten zum herausragenden Leader - Experten-Interview zu New Work Leadership Excellence

Foto von Papierschiffchen, das Anführende ist blau | Leadership & Führung, Projektmanagement

Dieses Interview mit den beiden Business Coaches Kirsten Lamprechter und Cornelia Wüst bietet wertvolle Einblicke in die heutigen Herausforderungen für Führungskräfte. Erfahren Sie, wie Sie psychologische Sicherheit im Team fördern, wie Gewaltfreie Kommunikation Konflikte minimiert und wie wichtig Emotionale Intelligenz in der Kommunikation ist. Cornelia zeigt außerdem, wie Sie Ihre Führungskompetenzen unter Berücksichtigung spannender, neurobiologischer Erkenntnisse verbessern können. Lassen Sie sich von unseren Expertinnen inspirieren und lernen Sie mehr über New Work Leadership Excellence!

Kirsten Lamprechter

Cornelia Wüst

Kirsten: Was sind aus Deiner Sicht die Herausforderungen für heutige Führungskräfte?

Cornelia: Zum einen ist es die zunehmende Komplexität von Projekten mit unterschiedlichsten Erwartungen der Stakeholder, zum anderen psychologisches Grundwissen, damit unterschiedlichste Persönlichkeiten im Team ihre Leistung erbringen können. Für eine Führungskraft ist daher der wertschätzende Umgang mit unterschiedlichen Persönlichkeiten häufig eine besondere Herausforderung. Bisherige Führungsmethoden kommen schnell an ihre Grenzen.

Mitarbeitende erwarten einen psychologisch sicheren Rahmen. Das heißt ein hohes Maß an Sicherheit, damit es möglich wird, unangenehme Wahrheiten auszusprechen, Fehler einzugestehen und untereinander Verletzlichkeit und Unsicherheiten zu zeigen – ohne negative Konsequenzen wie Ausgrenzung oder Abwertung zu fürchten. Damit hat die Interaktion untereinander einen höheren Stellenwert als die Arbeitsweise teamorientierter Solotänzer.

Kirsten: Wie kann eine Führungskraft psychologische Sicherheit geben?

Cornelia: Die beginnt natürlich zuerst bei der Führungskraft selbst. Je ‚aufgeräumter‘ eine Persönlichkeit ist, desto eher kann sie diesen Rahmen bieten. Selbstreflektion über eigene Stärken und Entwicklungsfelder unterstützen das Verständnis für Menschen, die anders ticken. Das wirkt sich auf ihre Kommunikations- und Konfliktkompetenz aus, auf die innere Haltung, die Art, wie das Team gut synchronisiert wird, etc.

Häufige Klagen im Einzel-Coaching sind derzeit: ‚keiner will Verantwortung übernehmen‘. Mal abgesehen von der Verallgemeinerung, braucht es für die Übernahme von Verantwortung genau diese psychologische Sicherheit, das Vertrauen, dass man neue Wege beschreiten kann, dass auch Fehler passieren dürfen.

Die Führungskraft kann hierfür den Rahmen in ihrem Team schaffen. Wertschätzung und respektvolle Umgang, häufigster genannter Wunsch in Team-Entwicklungen, beispielsweise. Dazu braucht es ein hohes Maß an Empathie, wie der Einzelne gefördert und gefordert werden kann, was sein Stärken sind, Befindlichkeiten und Erwartungen zum Beispiel.

Die Arbeitswelt braucht mehr denn je reife Persönlichkeiten, um mit Teams durch die hohen Anforderungen in komplexen Projekten zu navigieren.

Kirsten: Das klingt sehr nachvollziehbar. Siehst du einen Zusammenhang zwischen psychologischer Sicherheit und Motivation?

Cornelia: Auch das ist eine häufige Frage in meiner Coaching-Praxis: Wie kann ich Mitarbeitende intrinsisch motivieren, quasi zum Selbstläufer machen? Ich muss dann immer schmunzeln und am liebsten wäre es, es gäbe eine kleine Pille, die man morgens einnimmt und schon kann sich die intrinsische Motivation entfalten! …Scherz beiseite. Die Führungskraft kann tatsächlich ihren Beitrag zur intrinsischen Motivation bieten – und das völlig kostenfrei…

Kirsten: Das macht mich jetzt aber neugierig …

Cornelia: Nun, da bietet die Neurobiologie eine interessante Erklärung. Ein wirkungsvoller Hormon-Cocktail, der wirkt – versprochen.  Da ist zum Beispiel das Bindungshormon Oxytocin. Um es zu aktivieren, braucht es ein wertschätzendes Arbeitsklima, individuelle Motivation und Förderung. Oder Dopamin, das Erfolgshormon, benötigt berufliche Erfolge und die Belohnung dafür. Wertschätzendes und großzügig verteiltes Feedback fördert die intrinsische Motivation, um weitere Herausforderungen anzupacken und Leistung zu erbringen. Schon die Aussicht auf Erfolg und Belohnung aktiviert dieses Hormon.

Und da haben wir noch Endorphin. Jeder kennt sie, diese Glückshormone, die uns ein rundum gutes Gefühl vermitteln. Beispielsweise, wenn wir stolz auf unsere Leistung sind, Sinn in unserem Tun finden. Zeige deinen Mitarbeitenden – und scheint der Beitrag noch so unbedeutend – wie wichtig diese für den Gesamterfolg sind. Das sind einfach anwendbare, kommunikative Tools mit wert-schaffenden Effekten – kostenfrei. Und sie leisten einen Beitrag zur psychologischen Sicherheit im Team.

Kirsten: Es gibt aber auch noch eine andere Arbeitswelt: Stress, Konflikte am Arbeitsplatz, Unzufriedenheit lassen die Burn-Out-Raten gerade wieder steigen

Cornelia: Na ja, im Stress stoßen wir jede Menge Cortisol aus, das Stresshormon. Es beeinträchtig die psychologische Sicherheit erheblich, vor allem, wenn es über einen längeren Zeitraum andauert, schadet es unserer körperlichen und seelischen Gesundheit. Es gibt zahlreiche Studien über die gesundheitlichen Folgen von Dauerstress.

Kirsten: In vielen Unternehmen scheint das Thema "Konflikte" nach wie vor große Abwehr und Angst auszulösen, bis hin zur Verleugnung ihrer Existenz getreu dem Motto "Lasst uns bitte sachlich bleiben". Warum ist das so und wie erlebst du das?

Cornelia: Wann ist ein Konflikt ein Konflikt? Wenn meine Erwartungen von der Realität abweichen, das stresst, wenn zum Beispiel jemand gegen mein Wertesystem verletzt. Konflikt hat sehr viele Gesichter und ist ähnlich wie die intrinsische Motivation sehr individuell. Cortisol wird in hohem Maße ausgeschüttet. Häufig können wir gar nicht ‚vernünftig‘ reagieren, wenn unsere Trigger punktgenau getroffen werden.

Das Bedürfnis nach Harmonie und Balance ist ein grundlegend menschliches. Konflikte stören dieses Gleichgewicht, was zu Abwehrmechanismen führt. Unsere Fähigkeit, mit Konflikten umzugehen, wird oft durch unsere frühkindliche Sozialisierung geprägt. Eine konstruktive Haltung gegenüber Konflikten erfordert die Fähigkeit, Andersartigkeit reflektiert wahrzunehmen.

Da ist zum einen unser limbisches System, der Sitz aller Erfahrungen, die wir jemals erlebt haben. Und es gibt diese kleine, mandelkerngroße Amygdala. Unter Stress oder Druck gerät dieses System ähnlich einem Rauchmelder in Alarmbereitschaft, was unsere Fähigkeit zur Kommunikation beeinträchtigt. Jeder von uns hat bestimmte Auslöser oder Trigger, die diese Reaktion auslösen.

Die Fähigkeit, in stressigen Situationen souverän zu kommunizieren, erfordert eine hohe persönliche Reife. Dies kannst du durch kontinuierliche Selbstreflexion und persönliche Entwicklung erreichen. Es ist auch wichtig zu beachten, dass diese Trigger, wie im Johari-Fenster beschrieben, oft in unserem "Schatten" verborgen sind, also nicht bewusst von uns wahrgenommen werden.

Kirsten: Wenn ich mir meine Coaching-Fälle so ansehe, dann landen wir am Ende doch fast immer wieder beim Thema „Kommunikation“. Eigentlich dachte ich, dass das langsam ein „alter Hut“ ist. Aber scheinbar doch nicht, oder?

Cornelia: Kommunikation ist ein komplexes Thema mit hoher Relevanz für gelungene Beziehungen. Nicht nur WAS wir sagen, sondern WIE wir es sagen, hat Einfluss auf unsere Beziehungsfähigkeit. Eine wichtige Strategie, um mit Konflikten umzugehen, ist achtsames und effektives Zuhören, um eine Atmosphäre des Vertrauens und der Wertschätzung aufzubauen. "Skilled Listening" bedeutet, geduldig und erwartungsvoll zuzuhören, bis der Sprechende seinen Raum für die Kommunikation gefunden hat. Durch gezieltes Fragen öffnet sich der Raum für einen fairen Informationsaustausch und konstruktive Lösungen.

Marshall B. Rosenberg's Konzept der "Gewaltfreien Kommunikation" ist ein wertvolles Werkzeug, um die Art und Weise zu verbessern, wie wir miteinander umgehen. Es ermöglicht uns, unsere Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse klar auszudrücken, während wir gleichzeitig aktiv zuhören und Empathie für die Bedürfnisse anderer zeigen. Dies trägt dazu bei, Missverständnisse zu reduzieren, Konflikte zu minimieren und bessere Beziehungen aufzubauen.

Da sich die soziale Dynamik ständig weiterentwickelt und sich neue Herausforderungen in der zwischenmenschlichen Kommunikation ergeben, bleibt die Fähigkeit, gewaltfreie Kommunikation anzuwenden, von großer Bedeutung. Es hilft uns, Konflikte zu lösen, Vertrauen aufzubauen und erfolgreich in verschiedenen sozialen Kontexten zu interagieren.

Kirsten: Aber warum tun sich einige Menschen so schwer mit der Kommunikation?

Cornelia: Eine interessante Frage, Kirsten. Die Qualität unserer Kommunikation wird durch unsere Erfahrungen und Einstellungen gesteuert. Eigentlich triggert uns häufig nicht gerade der Mensch, der vor uns steht und uns ärgert – was demjenigen häufig nicht mal bewusst ist oder mit Absicht geschieht. Sondern er erinnert uns in seiner Haltung, Tonalität oder Wortwahl an Situationen, die wir von früher kennen, also alte Verletzungen, die noch nicht angeschaut und verarbeitet wurden. Sogenannte ‚blinde Flecken‘, die uns häufig gar nicht bewusst sind. Und wir reagieren dann in dieser Situation eher unangemessen und für Außenstehende oft nicht nachvollziehbar.

Häufig sind Zielkonflikte, Bsp. Werte-Konflikte, die eigenen Schattenseiten Auslöser für eine Bewertung oder Abwertung. Offenheit, Wertschätzung und Respekt sind die am häufigsten genannten Werte in Team-Entwicklungen und zeigen, wie groß der Wunsch ist, so akzeptiert und geschätzt zu werden, wie man eben ist. Auch gesellschaftlich gibt es eine interessante Entwicklung: In einer Welt, in der die Selbstverwirklichung, die Work-Life-Balance, zu einem hohen Stellenwert für viele Menschen geworden ist, verschieben sich Werte, sichtbar zwischen unterschiedlichen Generationen und deren Sicht auf Arbeitsweisen.

Durch unterschiedlichste Einflussfaktoren auf die Arbeitswelt ist derzeit wieder ein höheres Konfliktpotenzial beobachtbar. Konflikte sind in jedem Team unvermeidlich, mehr sogar: Sie können – werden sie konstruktiv gelöst – die Vertrauenskultur im Team fördern. Die Führungskraft spielt auch hier eine wichtige Rolle: Neben Klarheit über die eigene Konfliktkompetenz sind Konfliktlösungstools und -techniken hilfreich, um Konflikte zu identifizieren, anzugehen und zu einer Lösung zu führen, die die psychologische Sicherheit nicht gefährdet. Dann haben ‚elephants in the room‘ weniger Chancen.

Kirsten: Veränderungen, sowohl im privaten als auch im beruflichen Bereich, sind heutzutage eher die Regel als die Ausnahme. Warum haben so viele Menschen und auch Führungskräfte Schwierigkeiten, mit Veränderungen umzugehen und diese in ihren Unternehmen zu managen?

Cornelia: Auch Sicherheit ist eines unserer Grundbedürfnisse. Menschen ziehen daher das Vertraute vor, selbst wenn es nur noch begrenzte Vorteile bietet. Das Eingehen auf etwas Neues löst meist Ängste aus und wirft viele Fragen auf: Warum sollte ich etwas verändern? Was bringt mir das? Wird es genauso gut sein? Wie schaffe ich das? Kann ich das? Was muss ich neu lernen? Wer oder was kann mir dabei helfen?

Hinter diesen Fragen verbergen sich grundlegende Ängste wie Verlustangst, Versagensangst und Existenzängste. Führungskräfte stehen hier vor besonderen Herausforderungen: Veränderung bedeutet auch das Management von Emotionen und das erfordert eine hohe Fähigkeit zur Selbstreflexion.

Führungskräfte und das Management tragen eine erhebliche Verantwortung für die erfolgreiche Umsetzung von Veränderungsprozessen. Ihre eigene Einstellung und ihr Mindset sind entscheidend dafür, dass auch die besten Mitarbeitenden in der ersten Orientierungsphase bleiben und den Wandel unterstützen.

Es ist daher von großer Bedeutung, dass Führungskräfte nicht nur die fachlichen, sondern auch die emotionalen Aspekte des Change-Managements berücksichtigen und dabei eine Kultur der Offenheit, Unterstützung und positiven Einstellung fördern.

 Kirsten: Kann ich im Laufe der Zeit lernen, mit Veränderungen besser umzugehen?

Cornelia: Wir vergessen dabei oft, wie viele Veränderungen wir im Leben schon erfolgreich gemeistert haben! Resilienz ist mentale Stärke, kraftvolle Gesundheit und Zuversicht. Veränderungskompetenz, Veränderungswille, Veränderungsfähigkeit – ganz unterschiedliche Kompetenzen.

Kirsten: Wenn ich Dir so zuhöre, dann könnte man den Eindruck gewinnen, dass ich als Führungskraft die berühmte „eierlegende Wollmilchsau“ sein muss und das gar nicht alles leisten kann?

Cornelia: Um Führungskräfte auf die Anforderungen der modernen Arbeitswelt vorzubereiten, ist eine gezielte Weiterbildung von großer Bedeutung. Ein New Work Leadership Training bietet umfassende Kompetenzen in Coaching, Konfliktlösung, Kommunikation und Change-Management. Die Fähigkeit zur Anpassung und zum Lernen ist von unschätzbarem Wert und wir stehen allen Interessenten gerne mit den Werkzeugen und dem Wissen zur Seite, um diese Kompetenzen zu stärken.

 

Literatur

Hoffmann, C. (2022). Gehirngerechte Führung: Wie Sie mit Neuroleadership Ihr Unternehmen erfolgreicher machen. Wiesbaden: Springer Gabler.

Permantier, M. (2019). Haltung entscheidet: Führung und Unternehmenskultur zukunftsfähig gestalten. München: Vahlen.

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