Karoline, lass uns zu Beginn etwas weiter zurückblicken: Vor deiner Karriere im agilen Bereich warst du lange Zeit in der Kommunikation und Marketing tätig. Wie kam es zu dem Wechsel?
Karoline Schirmer leitet seit März 2022 das Center of Competences Agile der Tiba Managementberatung GmbH . Erfahren Sie in diesem spannenden Interview, wie Karoline ihren Weg von der Marketingwelt zur Agilität gefunden hat. Mit über 15 Jahren Erfahrung und vielfältigen Zertifikaten als Agile Coach, Design Thinking Expert, OKR Master, SAFe® 6 SPC und vielen mehr unterstreicht sie ihre fundierte Expertise in der Begleitung von Teams und Organisationen auf ihrem Weg zur agilen Organisation. Lesen Sie, wie sie selbst agil arbeitet und wie sie die Werte der Agilität auch in ihrem Privatleben lebt. Entdecken Sie ihre Perspektiven auf aktuelle Herausforderungen, Trends und die Zukunft der Agilität!
Karoline, lass uns zu Beginn etwas weiter zurückblicken: Vor deiner Karriere im agilen Bereich warst du lange Zeit in der Kommunikation und Marketing tätig. Wie kam es zu dem Wechsel?
Ich war lange Zeit in der Consumer Good-Industrie tätig. Es wurde immer relevanter, Kunden zu verstehen und in den Mittelpunkt zu stellen: deren Bedürfnisse, Erwartungen und welchen Nutzen man ihnen als Unternehmen liefern wollte. In der Kommunikation und im Marketing drehte sich also alles darum, Menschen zu verstehen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und darauf flexibel zu reagieren. Die Komplexität nahm mit den Möglichkeiten der Kommunikation dank Digitalisierung zu.
Mit zunehmender Dynamik und Geschwindigkeit im Markt, habe ich schnell festgestellt, wie hinderlich starre Prozesse sein können – sowohl für kreative Teams als auch die Erfüllung von Kundenbedürfnissen. Mit der steigenden Dynamik, gerade mit den sich schnell verändernden Möglichkeiten und Trends in der Kommunikation, wurde es immer schwieriger Kommunikation – das was und das wie – mit langem Vorlauf zu konzipieren und zu produzieren. Hier Komplexität zu meistern und Liefergeschwindigkeiten zu erhöhen, ist auch der Kern agiler Arbeitsweisen.
Mein “Einstieg” in die Agilität kam eigentlich über die Kundenzentrierung: Diese in allen Prozessen und Lösungen in den Mittelpunkt zu bringen. Sei es in den Prozessen, wie gearbeitet wurde, wie auch den Lösungen. Meine erster “Methodenkontakt” war Design Thinking.
Das hat dann mein Interesse an agilen Methoden voll und ganz geweckt. Nach und nach habe ich erkannt, dass die Prinzipien von Agilität genau das fehlende Puzzlestück waren, um Teams und Organisationen nachhaltiger und erfolgreicher zu gestalten. Der Wechsel war also weniger ein Bruch, sondern eine konsequente Weiterentwicklung meiner bisherigen Erfahrungen.
Du hast über 15 Jahre Erfahrung in der Begleitung von Teams und Organisationen im agilen Kontext. Was sind die größten Herausforderungen rund um Agilität, vor denen Unternehmen stehen?
Die größten Herausforderungen liegen oft in der Haltung und der Kultur. Viele Unternehmen sehen Agilität noch immer als eine Sammlung von Tools und Prozessen, ohne die zugrunde liegende Denkweise zu verinnerlichen. Es fehlt an einer echten Bereitschaft, Hierarchien zu hinterfragen, Verantwortung abzugeben und Fehler als Lernchancen zu sehen.
Außerdem ist diese agile Transformation meist nicht isoliert – sie muss mit anderen großen Veränderungen wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit oder New Work in Einklang gebracht werden. Das verlangt nicht nur von Mitarbeitenden, sondern vor allem von Führungskräften einen Paradigmenwechsel. Hier unterstütze ich gerne dabei, Brücken zu bauen und den Weg greifbar zu machen.
Du hast in den letzten Jahren einige Zertifikate gemacht, wie wichtig sind diese in deiner Arbeit?
Zertifikate sind für mich zweierlei: ein Lernprozess und ein Türöffner.
Sie helfen erst einmal dabei, fundiertes Wissen zu erlangen und es strukturiert anzuwenden. Gerade im agilen Umfeld, wo es viele Frameworks und Ansätze gibt, ist es wichtig, eine breite Basis zu haben und auch tiefes methodisches Wissen zu erlangen. Neben dem Erlangen von methodischem Wissen schätze ich auch die Möglichkeit des Netzwerkes und den Austausch mit Gleichgesinnten in den Ausbildungen.
Gleichzeitig sind Zertifikate oft eine Eintrittskarte, besonders bei Kunden oder in konservativeren Organisationen. Trotzdem: Zertifikate allein machen niemanden zu einem guten Agile Coach oder Methoden-Experten. Es ist die Kombination aus theoretischem Wissen, Praxiserfahrung und einer guten Portion Empathie, die den Unterschied macht.
Wie schaffst du es, in deiner eigenen Arbeit agil zu bleiben? Hast du persönliche Rituale oder Strategien, die dir helfen?
Ich glaube am wichtigsten ist ein tiefes Verständnis und Empfinden für agile Werte und Prinzipien, die meinen persönlichen Werten entsprechen. Meine Haltung zur Kundenzentrierung, einem der vier agilen Werte, habe ich bereits erwähnt.
Strukturell habe ich eine Art persönliches "Backlog", in dem ich alle meine Aufgaben und Ideen priorisiere – ähnlich wie in einem Kanban-Board. Ich nehme mir regelmäßig kurz Zeit, um meine Woche und meinen Tag zu planen, und versuche regelmäßig zu reflektieren, was gut lief, was nicht und was verbessert werden kann. Transparenz und Kommunikation mit Kolleginnen und Kunden ist mir sehr wichtig, genauso wie eine gelebte Fehlerkultur. Wir sollten mehr Mut haben, Fehler zu machen und daraus zu lernen, um besser zu werden.
Agilität bedeutet ja vor allem, flexibel auf Veränderungen zu reagieren, und das versuche ich täglich zu leben. Im Privat- wie im Berufsleben.
Stichwort Privatleben – Bist du auch im Privaten „agil“ unterwegs?
Ein bisschen, ja! Wie eben schon erwähnt, entsprechen die agilen Werte meinen eigenen Werten. Ich setze mir oft keine „harten Ziele“, eher wünschenswerte Situationen oder Ergebnisse, weiß aber auch, dass diese nicht immer erreicht werden können. Aus welchen Gründen auch immer. Ich versuche mich auf die wichtigsten Dinge zu konzentrieren und trotzdem flexibel zu bleiben, wenn sich Pläne ändern. Aber natürlich lasse ich mir im Privaten auch Raum für spontanen Flow – schließlich soll Agilität nicht zur Perfektionismus-Falle werden.
Wenn du auf die letzten 15 Jahre zurückblickst: Wie hat sich die Welt der Agilität verändert, und wo siehst du die größten Trends für die Zukunft?
Agilität hat sich in den letzten 15 Jahren stark professionalisiert. Während früher vor allem IT-Teams agil gearbeitet haben, sehen wir heute einen klaren Trend zur agilen Skalierung und zur Anwendung in Bereichen wie Marketing, HR oder Finance. Gleichzeitig hat sich die Wahrnehmung verändert: Agilität wird weniger als "Hype" gesehen, sondern als echte Notwendigkeit in einer komplexen Welt.
Für die Zukunft sehe ich einen klaren Fokus auf „Business Agilität“, also die Fähigkeit ganzer Organisationen, agil zu denken und zu handeln. Dazu zähle ich auch die Veränderung von Unternehmenskulturen, hin zu agileren Kulturen. Ein weiterer Trend ist die Integration von Nachhaltigkeit und Resilienz in agile Arbeitsweisen – Themen, die uns alle beschäftigen und einen echten Mehrwert schaffen können.
Eine letzte Frage: Wenn du die Tiba in 3 Hashtags beschreiben müsstest, welche wären es?
#wirksam #empathisch #partnerschaftlich
Danke Karoline für diesen inspirierenden Austausch!
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